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Investigativ

Versorgungskarussell im Außenministerium

Alexander Surowiec
9. August 2025
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Die Nachbeben rund um die Sado-Maso-Enthüllungen von Fass ohne Boden erschüttern das Außenministerium nach wie vor. Nun der nächste Paukenschlag: Ein Gutachten aus dem Jahr 2023 der Gleichbehandlungskommission des Bundes entlarvt den gelebten Alltag bei Postenbesetzungen im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA). Es offenbart eine unheilige ÖVP-Allianz von Politik und Diplomatie.

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Der Fall GehrDiskrepanz der EignungEin vernichtendes GutachtenFCG, ÖVP & „Verrat“FoB-Enthüllungen erschüttern BMEIASystem am ScheidewegAusblick und Fazit

Der Fall Gehr

Im Zentrum steht der Fall des erfahrenen Gesandten Dr. Walter Gehr. Er hatte sich im Jahr 2022 um die Leitung des Österreichischen Kulturforums in Paris beworben. Das 26-seitige Dokument der Bundes-Gleichbehandlungskommission aus dem Bundeskanzleramt, das der Redaktion zugespielt wurde, legt offen, was viele im BMEIA lange Zeit vermuteten: Im Außenministerium zählt nicht Kompetenz, sondern Gesinnung.

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„Die Besetzung der Funktion ‚Leitung des Österreichischen Kulturforums in Paris‘ (A1/5, V1/4) im BMEIA mit der Gesandten J. T. stellt eine Diskriminierung des Gesandten Dr. Walter Gehr aufgrund der Weltanschauung und des Alters gemäß § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG dar.“

Diskrepanz der Eignung

Ein krasser Widerspruch: Im Kern des Gutachtens steht ein Vergleich zweier Lebensläufe, der kaum Zweifel an der Willkür der Personalpolitik lässt.

  • Walter Gehr: Über 30 Jahre Dienstzeit im BMEIA, davon zehn Jahre in leitender Position bei den Vereinten Nationen, ehemaliger Kabinettschef von Außenministerin Karin Kneissl, beispiellose Expertise in internationalen Verhandlungen, tiefgehende Kenntnisse der französischen Sprache und Kultur. Die Ständige Begutachtungskommission hatte ihm 2019 dennoch nur die Qualifikationsstufe „im hohen Ausmaß qualifiziert“ attestiert. Er verkörpert den erfahrenen, dem Staat verpflichteten Beamten.
  • Mitbewerberin: Fast zwei Jahrzehnte nach Gehr in den Dienst des BMEIA eingetreten. Auslandserfahrung beschränkt auf einige Jahre in New York und Genf, Führungserfahrung lediglich in der Leitung eines Referats mit bis zu vier Mitarbeitern. Die Begründung des Ministeriums für ihre Auswahl stützte sich unter anderem auf eine familiäre Verbindung zu Frankreich, im Kontext der fachlichen Kriterien fadenscheinig. Die B-GBK wertete diese Argumentation als unzureichend und widerlegte die Behauptung, ihre Qualifikationen seien überlegen. Die Frau „sei im höchsten Maße für die Leitung des KF Paris“ geeignet.

Die Kommission übt keine bloße Kritik. Sie seziert systematisch jene Personalentscheidung, die sie klar als Diskriminierung aufgrund von Weltanschauung und Alter verurteilt. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die Ablehnung Gehrs nicht auf einem Mangel an Eignung beruhte, sondern auf einer bewussten Missachtung sachlicher Kriterien. Der Standard berichtete erstmals 2023 darüber, doch nach den aktuellen Entwicklungen rund um die SM-Blog-Affäre und den betroffenen Botschafter braucht es eine neuerliche Einordnung des Dokuments.

Ein vernichtendes Gutachten

Das Dokument aus dem Bundeskanzleramt offenbart beinhart ein Sittenbild und den Zeitgeist im BMEIA:

  1. Illegale Parteienfinanzierung durch das BMEIA:
    „Er habe dem Untersuchungsausschuss eine nachweisliche Spende des BMEIA an die Bundes-ÖVP übermittelt und sei dazu von der Polizei befragt worden.“
  2. Parteinähe der Begutachtungskommission:
    „Alle vier Mitglieder der Begutachtungskommission seien Mandatare der FCG (Fraktion christlicher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter) und Gesandte T. stehe der FCG sehr nahe.“
  3. Postenschacher und Klüngelwirtschaft:
    „Wenn man im BMEIA nicht einem bestimmten ‚Klüngel‘ angehöre, habe man wenig Chancen, einen bestimmten Posten zu erhalten.“
  4. Familiäre Seilschaften im BMEIA:
    „Es sei auch auffällig, wie sehr Familienbande im BMEIA eine Rolle spielen würden […]. Es gebe Brüderpaare an hoher Stelle, Ehepaare, die in einer Kontrollfunktion zueinander stünden, Söhne, die ihren Vätern als Sektionsleiter nachfolgen – und dies alles natürlich im Dunstkreis der ÖVP.“
  5. Weltanschauung als Karrierehindernis:
    „Sein Wertebild sei von Anstand und dem Beamtenbild des § 43 BDG geprägt. Dieses Weltbild sei in den vergangenen Jahren wiederholt von der ÖVP und der ihr nahestehenden Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) missachtet worden.“
  6. Rücknahme neutraler Reformen durch die ÖVP:
    „Als parteifreier Kabinettchef einer parteifreien Außenministerin sei er zudem maßgeblich an der Reform der Geschäftsordnung des BMEIA beteiligt gewesen. Diese Reform sei nach neuerlichem Antritt eines ÖVP-Außenministers rückgängig gemacht worden.“
  7. Stellungnahme gegen FCG-Propaganda:
    „Er habe bereits am 9. Oktober 2019 in einem E-Mail an alle Kolleginnen und Kollegen im BMEIA der Darstellung der FCG widersprochen, wonach diese die Familienleistungen für entsandte Bedienstete gesichert habe.“
  8. Verstoß gegen das Objektivitätsgebot:
    „Dem ÖVP-geführten BMEIA sei er als eine nicht durch die ÖVP steuerbare Person bekannt. Als Beamter sei er nur durch die Gesetze der Republik und dem darin verankerten Objektivitätsgebot steuerbar.“
  9. Bevorzugung durch FCG-nahe Netzwerke:
    „Die zum Zuge gekommene Bewerberin, T., stehe […] der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) nahe. Sie sei aus diesem Grund durch die mit Mitgliedern der FCG besetzten Begutachtungskommission bevorzugt worden.“
  10. Kein Hearing – keine Transparenz:
    „Überdies kann nicht nachvollzogen werden, dass im Rahmen des gegenständlichen Auswahlverfahrens kein Hearing stattgefunden hat.“
  11. Bestätigung: Diskriminierung aufgrund Weltanschauung und Alter:
    „Die Besetzung der Funktion […] stellt eine Diskriminierung des Gesandten Dr. Walter Gehr aufgrund der Weltanschauung und des Alters dar.“

FCG, ÖVP & „Verrat“

Das Urteil der Kommission offenbart eine tiefsitzende politische Verstrickung, die weit über den konkreten Fall hinausgeht. Gehr machte in seiner Stellungnahme vor der Kommission konkrete Anschuldigungen, die den parteipolitischen Hintergrund beleuchten. Er berichtete, dass die Mitglieder der Begutachtungskommission „Mandatare der FCG“ seien und die Gesandte dieser Fraktion „sehr nahe“ stehe. Die FCG (Fraktion Christlicher Gewerkschafter), traditionell der ÖVP zugerechnet, dient hier als Vehikel, um parteipolitische Einflussnahme zu kanalisieren. Die aktuelle Bundesvorsitzende heißt Romana Deckenbacher und bekleidet dieses Amt seit dem 20. Juni 2023.

Der vermeintliche „Verrat“ Dr. Gehrs, der nach seinen Angaben der wahre Grund für seine Ausgrenzung ist, steht im direkten Zusammenhang mit seiner Meldung an den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. Er übermittelte einen Beleg über eine finanzielle Zuwendung des BMEIA an die ÖVP-Bundespartei im Jahr 2017. Gehr sah sich in seiner Rolle als Beamter dem Objektivitätsgebot verpflichtet, nicht der Loyalität zu einer Partei. Dieser Akt der Integrität wurde von den „ÖVP-Leuten“ im Ministerium, wie er es formulierte, nicht verziehen.

FoB-Enthüllungen erschüttern BMEIA

Daher muss man den Fall aus dem Jahr 2023 zu aktuellen Entscheidungen sehen. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) ist um Schadenbegrenzung bemüht und versucht, ein klares Signal zu setzen: Die mächtige Leitung der Personalsektion – Schaltzentrale für Karrieren und Disziplinarmaßnahmen – wird neu ausgeschrieben.

Betroffen ist Sektionschefin Sigrid Berka, langjährige ÖVP-Vertraute und Kabinettsmitglied unter Sebastian Kurz, die in der Causa Oberreiter federführend das Disziplinarverfahren leitete. Berka, offiziell seit 2024 als Botschafterin für Japan nominiert, soll nun tatsächlich nach Tokio wechseln. Eine Verlängerung ist nach den FoB-Enthüllungen politisch unmöglich. Das Ministerium spricht von Routine-Rotation, der Zeitpunkt legt anderes nahe. Politisch brisant: Meinl-Reisinger bricht damit in einem Ressort auf, das jahrzehntelang fest in ÖVP-Hand war, alte Netzwerke und Loyalitäten eingeschlossen. Hinter den Kulissen wächst die Nervosität, nicht nur wegen der aktuellen Personalrochade, sondern auch, weil das Schweigen von Ex-Außenminister Alexander Schallenberg zur Affäre weiter Fragen offenlässt.

System am Scheideweg

Das BMEIA und das Team rund um Meinl-Reisinger versuchen nun, den Wertekompass ihrer Beamten neu auszurichten. In einer internen Rundmail wurden unter dem Schlagwort „Sensibilisierung“ klare Verbote formuliert:

„Grundsätzlich handelt es sich bei sexueller Belästigung um eine Form der Machtdemonstration, Konkurrenzspiele oder Respektlosigkeit, die ein wiederkehrendes Muster erkennen lässt. Besonders schwer wiegt das Ausnutzen einer Machtposition (Autoritätsmissbrauch). Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann viele Formen annehmen – verbal, non-verbal, physisch oder in Form sexueller Erpressung.“

Beispiele:
• Poster von Pin-ups im Arbeitsbereich (auch am PC)
• Pornografische Bilder am Arbeitsplatz (auch am PC bzw. Mousepad)
• Anstarren oder taxierende Blicke
• Anzügliche Witze, Hinterherpfeifen
• Anzügliche Bemerkungen über Figur oder sexuelles Verhalten im Privatleben
• Eindeutige verbale sexuelle Äußerungen
• Unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht
• Telefongespräche, Briefe, E-Mails oder SMS mit sexuellen Anspielungen
• Versprechen von beruflichen Vorteilen bei sexuellem Entgegenkommen
• Androhen von beruflichen Nachteilen bei sexueller Verweigerung
• Zufällige oder gezielte körperliche Berührungen (z. B. Po-Kneifen oder -Klapsen)
• Aufforderung zu sexuellen Handlungen
• Exhibitionistische Handlungen

Ausblick und Fazit

Das Gutachten stellt die Bestellung von Mitarbeitern im BMEIA komplett infrage. Es belegt, dass die Entscheidungen zur Besetzung wichtiger diplomatischer Posten in einem Klima politischer Bevorzugung und persönlicher Racheakte getroffen werden – zum Schaden des Ansehens der Republik. Die Schlussfolgerung der B-GBK, dass die Bestellung der Gesandten eine Diskriminierung nach § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG darstellt, ist ein rechtliches und moralisches Versagen des Außenministeriums. Die Verweise auf die Schadenersatzansprüche nach § 18a B-GlBG untermauern die schweren Konsequenzen für die Betroffenen.

Weder Walter Gehr noch die Gesandte waren für eine Stellungnahme bereit. Zwar antwortete die Gesandte der Redaktion, verwies jedoch nur auf das Außenministerium: „Ihre Anfragen sind bitte an die Presseabteilung des BMEIA zu richten.“

Und das Außenministerium? Schweigt eisern, in alter ÖVP-Manier.

Der Fall Gehr ist nicht nur die Geschichte einer persönlichen Ungerechtigkeit. Er ist ein symptomatisches Abbild eines Systems, in dem das Parteibuch oft mehr wiegt als Expertise, Erfahrung und Integrität. Das Gutachten ist daher weniger ein Abschluss als vielmehr der Beginn einer notwendigen Debatte über Strukturen und Rechenschaftspflicht im österreichischen Außenministerium.

Möglicherweise kommt es am Montag zum Showdown. Am Bundesverwaltungsgericht (Zimmer 32 um 1200 Uhr) findet am 11. August der dritte Verhandlungstag in der Causa Gehr statt. Laut einem Insider des Falls soll Alexander Schallenberg als Zeuge geladen sein. Die Verhandlung ist öffentlich. Nun gilt es abzuwarten, ob der ehemalige Bundeskanzler und Außenminister tatsächlich unter Wahrheitspflicht aussagen wird.

Quellen:

FoB-Enthüllungen zur SM-Blog-Affäre

DerStandard.at

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