Zur Live Übertragung: 28. Wiener Gemeinderat
Fragestunde
Die 28. Sitzung des Wiener Gemeinderats hat heute, Mittwoch, um 9 Uhr mit der Fragestunde begonnen.
GR Dkfm. Dr. KR Fritz Aichinger (ÖVP) fragte in einer ersten Anfrage StRin Sandra Frauenberger (SPÖ) in Vertretung von StRin Mag.a Renate Brauner (SPÖ) über die zukünftige Nutzung der Marx Halle. Frauenberger antwortete, dass sich die Suche nach einer Nachnutzung in der Schlussphase befinde. Derzeit würden technische Erhebungen betreffend den Brandschutz und Denkmalschutz laufen. Danach würde eines der drei bestgereihten Konzepte ausgewählt. Anfang 2018 könnten die Umbauarbeiten beginnen und im zweiten Halbjahr 2018 eine neue Nutzung der Marx Halle erfolgen.
Die zweite Anfrage richtete GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) an StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) betreffend zweckwidrig verwendete Fördermittel im Theater in der Josefstadt. Die FPÖ kritisierte die im Programmheft vorkommende Aussage, „Strache macht ein Jahr Bildungskarenz“. Mailath-Pokorny wies den Vorwurf zurück, dass diese Aussage „ehrenrührig“ sei. „Das Theater arbeitet satirisch“, so Mailath. Hilfsmittel sei dabei die Übertreibung. Er werde keine Gelder zurückfordern. Der Grund: Kulturförderung habe nichts mit Wohlverhalten zu tun.
Die dritte Anfrage lautete „Screening der Wohnungsinserate durch die Mieterhilfe“ und wurde von GRin Katharina Schinner (SPÖ) an StR Dr. Michael Ludwig (SPÖ) gestellt. Ludwig antwortete, dass das Wohnbauressort die Mieterhilfe beauftragt habe, „Inserate zu durchforsten“. Dabei wurden 4.000 Inserate näher betrachtet und etwa auf Kaution oder Ablöse überprüft. Bei 90 Prozent der Fälle, die bei der Schlichtungsstelle landeten, gab es eine Diskrepanz zu gesetzlichen Regelungen. Abschließend sah Ludwig befristete Mieten als „größtes Problem“ und forderte ein transparentes Mietrechtgesetz auf Bundesebene.
Die vierte Anfrage behandelte E-Ladestellen für Wien mit einer Stärke von 11 bis 50 Kilowatt und erging von GRin Mag. Bettina Emmerling MSc (NEOS) an StRin Mag.a Maria Vassilakou (Grüne). Laut Vassilakou sollten die 11-Kilowatt-Ladestellen ein Zwischenladen ermöglichen, um die Reichweite von E-Autos zu vergrößern. Mit drei Stunden Ladetätigkeit sollten 150 bis 200 Kilometer ermöglicht werden. Vassilakou merkte an, dass die Autoindustrie noch nicht genügend E-Autos produziere, um die Ladestationen nützen zu können. Wünschenswert sei laut Vassilakou ein Plan der Stadt Wien, wie man E-Mobilität zukünftig nutzen möchte.
Die fünfte Anfrage richtete GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP) an StRin Frauenberger betreffend ausreichende Anzahl von Geburtenbetten in Wien. Frauenberger antwortete, dass in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres 8.074 Frauen in städtischen Spitälern entbunden hätten. Zur Verfügung standen 8.400 Plätze. Diese Differenz ergebe eine freie Kapazität von vier Prozent. Laut Frauenberger gehe es nicht nur darum, gut zu organisieren, sondern auch andere Spitalsträger in die Planung einzubeziehen. Zusätzlich sei mit der Wiener Gebietskrankenkasse eine Geburteninfo aufgebaut worden. Abschließend betonte Frauenberger, dass die Stadt Frauen Sicherheit betreffend einer Geburt geben könne.
Quelle: Aussendung 28. Wiener Gemeinderat
Aktuelle Stunde
Das Thema der Aktuellen Stunde wurde diesmal von den Grünen eingebracht: „Explodierende Grundstückskosten verteuern den Wohnraum massiv – Wien muss und kann gegensteuern“.
GR Mag. Christoph Chorherr (Grüne) sagte: Im Vergleich zu Städten wie Paris, wo es getrennte Wohnviertel für Arm und Reich gebe, sei die soziale Durchmischung im Wohnbereich ein hohes Wiener Gut. Steigende Grundstückskosten seien eine bedrohliche Entwicklung und gefährdeten diesen Status. In einer wachsenden Stadt mit steigender Nachfrage nach Wohnraum sei Grund und Boden nicht vermehrbar – und Baugründe würden zum Spekulationsobjekt privater Grundstückseigner. Noch hätten der Wohnfonds Wien und soziale Bauträger Flächenreserven, diese seien aber nicht unendlich. Es brauche eine Debatte darüber, ob Grund und Boden beziehungsweise der finanzielle Gewinn bei Umwidmungen und Bodenwertsteigerungen nicht der Allgemeinheit gehören müssten. Auch sei es überlegenswert, der Gemeinde Wien bei Grundstücksverkäufen ein Vorkaufsrecht einzuräumen.
GR DI Dr. Stefan Gara (NEOS) nannte „drei Hebel“, um Wohnen langfristig leistbar zu halten. Erstens bräuchten die städtebaulichen Verträge endlich „klare Spielregeln“ und eine Baurechtsnovelle, dann sei auch eine Gewinnabschöpfung durch die Kommune bei Bodenwertsteigerungen denkbar. Zweitens müsse Wien seine Bodenpolitik dahingehend ändern, städtische Grundstücke nicht mehr an Bauträger zu verkaufen, sondern lediglich Baurechte zu vergeben. Drittens vermisste er eine klare Strategie der Stadt hinsichtlich des Umgangs mit Bodenreserven – insbesondere nannte Gara die vielen Kleingarten-Widmungen.
GR Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP) replizierte auf seinen Vorredner Chorherr: Wenn die Grünen tatsächlich der Meinung seien, dass Grund und Boden der Allgemeinheit gehören sollen, „dann ist das Kommunismus in Reinkultur“. Tatsächlich liege es in ihrer eigenen Kompetenz, über das Grüne Planungsressort ausreichend Flächenwidmungen für Wohnbau bereit zu stellen. Immerhin 45 Prozent der städtischen Grundfläche seien nämlich im Eigentum der Stadt. Auf die Anregung, Widmungsgewinne zu besteuern, meinte Ulm: Dieses Instrument gebe es bereits, es nenne sich Immobilienertragssteuer und sei mit 30 Prozent „schon sehr ordentlich bemessen“.
GR Mag. (FH) Alexander Pawkowicz (FPÖ) sagte, Grund für steigende Wohnkosten sei der spekulative Umgang mit Grundstücken, auch geduldet von der Stadt. In großen Stadtentwicklungsgebieten, wo es ausreichend Flächen gäbe, verhänge die Stadt scheinbar willkürlich Bausperren. Ohne ausreichende Flächenwidmung erteile der Wohnbau-Ausschuss im Gemeinderat dann Baubewilligungen in diesen „Sperrzonen“. Diese Baumandate gingen hernach oft an Firmen mit Naheverhältnis zu Parteien und Stadt. Diese Intransparenz und Rechtsunsicherheit schrecke internationale Bauträger ab, die grundsätzliches Interesse an Wohnbautätigkeiten in Wien hätten.
GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) meinte, es sei in allen Großstädten der Welt zu beobachten, dass „Betongold“ als rentable Anlageform für Reiche die Grund- und Wohnpreise in die Höhe treibe. Wien stelle sich dieser Problematik besser als jede andere Stadt: Der Wohnfonds Wien habe 2,5 Millionen Quadratmeter an Fläche in Reserve; die Stadt stelle Bauträgern Grundstücke bewusst unter Marktwert zur Verfügung, um darauf leistbare Wohnungen schaffen zu können; beschleunigte Verfahren, Gebäude in Schnellbauweise und eigens konzipierte SMART-Wohnungen machten Wohnbau zusätzlich günstiger und schneller. Wien sei, anders als von der Opposition insinuiert, „längst kein Notstandsgebiet“. Internationale Studien belegten, dass etwa in Paris 42 Prozent eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufgewendet werden müsse; in Berlin seien es 30 Prozent des Einkommens; Wien liege mit lediglich 21 Prozent Wohnkostenanteil im Spitzenfeld.
GRin Mag.a. Beate Meinl-Reisinger MES (NEOS) begann: Die Grünen klangen heute zwar „sehr philosophisch“, konkrete Vorschläge habe sie aber keine vernommen. „Grundstücks-Enteignungen“ könnten jedenfalls nicht der richtige Weg sein. Wiens hohe Wohnkosten seien ihrer Meinung nach auf die unzureichende Neubauleistung von Wohnungen zurück zu führen – Wien hinke im Bundesländervergleich hinterher. Wolle die Stadt ausreichend neue Wohnungen entstehen lassen, sei eine Partnerschaft mit privaten Bauträgern unbedingt nötig. Umso wichtiger sei es, ebendiese Privaten nicht mit „überholten Ideologien“ abzuschrecken. Auch für Meinl-Reisinger sei eine Debatte über die Abschöpfung von Widmungsgewinnen denkbar – Voraussetzung müssten aber transparente städtebauliche Verträge sein.
GRin Sabine Schwarz (ÖVP) nannte die Betriebskosten als zentralen Kostentreiber im Wohnbereich. Diese Betriebskosten machten in Wien 30 Prozent der gesamten Wohnkosten aus, Wien habe die höchsten Betriebskosten im Bundesländervergleich. Auch weil die Stadt mit diesen Gebühren teilweise deutliche Überschüsse erwirtschafte, sei ausreichend Spielraum für eine Gebührensenkung vorhanden. Dann würden auch die Wohnkosten sinken. 70 Prozent aller neuen Wohnungen würden in Wien von Privaten errichtet, nur 30 Prozent von geförderten Bauträgern. Es sei deshalb ungerecht, die Schuld an Wohnungsknappheit und hohen Kosten bei den Privaten zu suchen. Würde die Stadt mehr Flächen für den Bau von Privatwohnungen widmen, wäre das Preisniveau im frei finanzierten Sektor nicht so hoch – ein höheres Angebot senke die Preise. Schwarz rechnete vor, dass sich Bauträger alleine durch eine Novellierung und Flexibilisierung der Bauordnung 30 Prozent an Baukosten ersparen könnten.
Quelle: Aussendung 28. Wiener Gemeinderat
Aktuelle Stunde
GRin Dr.in Jennifer Kickert (Grüne) erklärte, die Stadt müsse rechtzeitig auf steigende Grundstückspreise reagieren. Strategien dabei seien die Vergabe von Baurecht statt Verkauf von Grundstücken sowie die Nachverdichtung von bebauten Flächen. Sie konterte ihrer Vorrednerin, GRin Sabine Schwarz (ÖVP), die Stadt ermögliche sehr wohl Eigentum. Sie rief Schwarz in Erinnerung, dass in Wien eine relativ hohe Zahl von frei finanzierten Wohnungen gebaut worden seien und gebaut würden. Bei der Nachverdichtung müsse man bedenken, dass diese mit einer Veränderung der gewachsenen Wohnumgebung für AnrainerInnen einhergehe. Auf Kritik der AnrainerInnen müsse man mit längeren Partizipations-Prozessen eingehen.
GR Mag. Dr. Alfred Wansch (FPÖ) sagte, er hätte „konkrete Aussagen zu konkreten Vorhaben“ in einer von einer Regierungspartei eingebrachten Aktuellen Stunde erwartet. Die Ursache für teureren Wohnraum seien nicht die Grundstückskosten, sondern steigende Gebühren für kommunale Leistungen wie Wasser, Kanal und Abfall. Hier hätte sich die Stadt mit dem Valorisierungsgesetz einen „Erhöhungsautomatismus“ geschaffen, der abgeschafft gehöre. Abschließend kritisierte Wansch das „ungesteuerte Wachstum der Stadt durch Zuwanderung“.
GRin Barbara Novak (SPÖ) hielt fest, dass Wohnen ein Menschenrecht und ein Grundrecht sei, weshalb es leistbar bleiben müsse. Das Bevölkerungswachstum sei der Attraktivität Wiens geschuldet: Wien sei lebenswert, eine Universitätsstadt und Magnet für BewohnerInnen des Umlandes. Baugrundstücke seien ein nicht vermehrbares Gut, weshalb ihre Preise steigen würden. Die Stadt halte mit einem starken sozialen Wohnbauprogramm dagegen.
Bericht über den Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frauenförderung im Dienst der Gemeinde Wien
GRin Mag. Bettina Emmerling MSc (NEOS) dankte der Gleichberechtigungsbeauftragten für ihren Bericht. Dieser zeige, dass der Magistrat der Stadt immer weiblicher werde. Zwar seien die Beschäftigten in der Stadt Wien immer öfter weiblich, die Karriere aber männlich, merkte Emmerling an. Gründe dafür machte sie vor allem beim Thema Karenz aus. Herausforderungen ortete sie auch beim Thema Gehalt und Pensionshöhe im Alter. Neue Karenzmodelle sollten auch für Männer attraktiver werden und Nachteile verringern. Unter anderem regte sie ein automatisches Pensionsbeitrags-Splitting während der Karenzzeit bei beiden Elternteilen an. Sie forderte eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters für Frauen und brachte dazu einen Antrag ein.
GRin Sabine Schwarz (ÖVP) lobte den „informativen Bericht“ und das Engagement der Stadt Wien als Dienstgeberin, die sich um die Chancengleichheit am Arbeitsplatz einsetze. Elternkarenz bleibe aber weiterhin weiblich, kritisierte Schwarz. Karenz bringe nach wie vor eine Benachteiligung für den Partner mit, der daheim bleibe. Wien müsse diese verringern und unter anderem auch über das Pensionssplitting aufklären, damit Eltern frei und selbstbestimmt die Entscheidung treffen, wer in welchem Ausmaß die Kinderbeziehung und Betreuung übernehmen könne.
GRin Mag. Barbara Huemer (Grüne) ortete „empörende Ungerechtigkeiten bei den Chancen von Frauen am Arbeitsmarkt“. Diese hätten nach wie vor niedriges Gehalt und weniger Aufstiegschancen. Außerdem stünden ihnen nicht alle Berufsgruppen offen. Auch die „gläserne Decke“ sei weiterhin vorhanden. Positiv sei, dass die Einkommensschere in Wien im Vergleich zu den Bundesländern geringer auseinander klaffe. Wien tue sich hier mit aktiver Frauenförderung hervor. Auch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sei noch Thema für Frauen. Sie verwies auf den Twitter-Hashtag „#metoo“. Es brauche Angebote, Einrichtungen und Institutionen, um sexuelle Belästigung anzuzeigen und diese schärfer zu bekämpfen. Positiv hob Huemer hervor, dass die höchsten Führungspositionen im Magistrat zu 50 Prozent weiblich seien. Bei den LeiterInnen der Magistratischen Beirksämter sei der Anteil mit 75 Prozent sogar noch höher. Ungerechtigkeit herrsche noch beim Thema Karenz. Diese sei immer noch ein Faktor, der Karrierechancen für Frauen verhindere. In Zeiten knapper Budgetmittel müsse auf die Gleichstellung von Frauen geachtet werden.
Quelle: Aussendung 28. Wiener Gemeinderat
Anmerkung: Der Beitrag wird laufend ergänzt. Informationsstand: 13.20 Uhr