1. Zeugenvernehmung vom 13. September 2019
Betreff: R. u.a.
Verdacht auf: Betrug, u. a.
Ich wurde für den heutigen Tag in die hiesige Dienststelle geladen und über den Grund der Vernehmung in Kenntnis gesetzt. Meine Einvernahme bezieht sich auf den Verdacht des Betruges durch ihren Mitarbeiter R. z. Nachteil eines Glückspielunternehmens sowie das sog. ,,lbiza“-Video und diesbezügliche Wahrnehmungen.
Mir ist bewusst, dass ich diesbezüglich als Zeuge einvernommen werde – über die damit einher gehenden Reche, Pflichten und Belehrungen bin ich informiert worden – ich habe alles verstanden und habe keine weiteren Fragen dazu.
Ich wurde im Sinne der vorstehenden Ausführungen belehrt und gebe nunmehr freiwillig Folgendes an:
Zur Person:
Mein Name ist L. Ich bin Geschäftsführer und Mehrheitseigentümer eines PR-Unternehmens in Wien. […]
Hr. R. ist in der Firma für Analyse und Recherche zuständig. Er arbeitet seit 01. April 2019 Teilzeit und seit 01. September Vollzeit bei uns. Hr. R. ist der Lebensgefährte von Hr. R.. Er ist mir persönlich bekannt aber arbeitet nicht für das PR-Unternehmen.
Zur Sache:
Was ist ihnen zu den zu den Wetten bei dem Glückspielunternehmen durch Hr. R. und Hr. R.
bekannt?
Es ist mir bekannt, dass Hr. R. eine Wette bei einem Glückspielunternehmen abgeschlossen wurde. Von Hr. R. ist mir diesbezüglich nichts bekannt. Es war eigentlich unmittelbar nach dem Abschluss der Wette als ich darüber erfuhr. Den genauen Zeitpunkt kann ich jedoch nicht angeben. Aber es dürfte heuer wahrscheinlich im April gewesen sein. Meine Mitarbeiter Hr. XY und Hr. R. haben darüber gesprochen, dass man auf „Neuwahlen“ wetten kann.
In politischen Kreisen wurde seit Jänner oder Februar 2019 vermutet, dass es im heurigen Jahr Neuwahlen geben könnte.
Anmerkung: Ab 10:26 Uhr ist der Beamte ST-4 anwesend. 041 verlässt den Raum.
Wer genau das gesagt hat kann ich heute nicht mehr angeben. Es hat auch ein Gerücht gegeben, dass die ÖVP bereits Wahlplakate bestellt hat. Wer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat kann ich auch nicht angeben.
Am 04.04.2019 hat mir Hr. R. via WhatsApp Nachrichten von Hr. F. geschickt. In der Konversation schickte ich R. dann Twitter Mitteilungen von Hr. Bundeskanzler KURZ und Fr. G.. Aus diesen Nachrichten vermuteten wir, dass es zu Neuwahlen kommen könnte.
Den Whats App Verkehr übermittle ich an ihre E-Mailadresse (Anmerkung ST-6) und lege ich der Vernehmung bei.
R. erzählte mir vor kurzer Zeit, dass der Gewinn der Wette bereits ausbezahlt wurde. Ich selbst habe nicht auf Neuwahlen gewettet.
Frage: Wurde ihnen das sog. ,,Ibiza-Video“, Ausschnitte oder Inhalte davon, zum Kauf angeboten? Wenn ja, von wem und wann?
Nein. Es wurde mir zu keinem Zeitpunkt angeboten. Ich habe nur Gerüchte gehört über Personen, die gewisse Dinge behaupten. Wie gesagt sind das nur Gerüchte, die ich hier nicht wieder geben möchte. Mir wurde das Video niemals angeboten. Auch keine Inhalte oder Ausschnitte daraus. Ich habe von dem Video über Twitter erfahren. Das war am Abend des 17.05.2019 als ich in Vorarlberg war.
Im Zuge der Vorfelderhebungen der Hausdurchsuchung vom 03.09.2019 in Wien wurden vom vernehmenden Beamten Wahrnehmungen gemacht und dokumentiert. Konkret waren sie am 28.08.2019, um 13:11 Uhr im Gasthaus XY und haben im Beisein von Hr. R. und eines weiteren unbekannten Mannes gesagt: ,,WIR HABEN DIE 3 MILLIONEN NICHT ZUSAMMENGEBRACHT, DIE SIE WOLLTEN“. Wovon war hier die Rede?
Ich kann mich daran erinnern, dass ich diesen Satz gesagt habe. Wir haben darüber gesprochen, dass der SPÖ das Video im Zuge des letzten Wahlkampfs 2017 zum Kauf angeboten wurde. Ich habe dieses Gerücht von 2 Freunden gehört. Das war nachdem das Video veröffentlicht wurde.
Ich habe bei dem Gespräch im Gasthaus XY die Erzählung meiner Freunde wieder gegeben, dass aus SPÖ Kreisen gesagt wurde, dass die geforderten 3 Millionen Euro für das Video nicht aufgebracht werden konnten.
Ist ihnen der mutmaßliche Ibiza-Hintermann Anwalt M. bekannt?
Ich kenne ihn nur vom Namen und habe erst im Zug der medialen Berichterstattung erfahren, dass er in diese Sache mit dem Studio involviert war. Ich habe ihn nie persönlich getroffen und habe auch sonst nie Kontakt zu ihm gehabt.
Ist ihnen Hr. V. ein Begriff?
Ja. Er war der Pressesprecher von Christian KERN. Ich nehme an in der Zeit als dieses Video produziert worden ist. Ich kann zu ihm nicht viel sagen. Wir sind nicht näher miteinander bekannt.
Zur Person R.
Das Ermittlungsverfahren gegen R. wurde mittlerweile eingestellt.
Anmerkung der Redaktion
Beim vorliegenden Artikel handelt es sich um eine Abschrift einer Zeugenvernehmung aus dem Akt der Soko-Tape (= Soko-Ibiza). Die Namen der betroffenen Personen wurden anonymisiert, genauso wie die Firmen und Teilorganisationen der SPÖ. Der Leser soll sich selbst ein Bild machen, zu welchem Zeitpunkt Vertreter der SPÖ von dem Ibiza-Video Bescheid gewusst haben.
Vernehmende Exekutivbeamte:
ST-6 und ST-4