Nach der Machtübernahme in Afghanistan will die Terrororganisation Taliban das Land auch offiziell auf der UN-Bühne vertreten. In einem Brief an UN-Generalsekretär António Guterres erbittet Taliban-Außenminister Amir Chan Motaki das Recht, bei der laufenden 76. Generaldebatte der UN-Vollversammlung zu sprechen. Das Schreiben war nach Angaben der Vereinten Nationen vom Außenministerium des „Islamischen Emirats von Afghanistan“ an das UN-Hauptquartier geschickt worden.
In dem Brief argumentieren die Taliban mit den faktischen Machtverhältnissen: „Mohammad Ashraf Ghani wurde abgesetzt und erkennen ihn nicht mehr als Präsidenten an“, heißt es darin. Tatsächlich sind die Islamisten nach ihrem Terrorfeldzug angesichts des desaströsen Truppenabzugs der Nato-Staaten die Besetzer des Landes. Deutschland, die USA und andere Länder sehen die Taliban nach dem Kollaps der afghanischen Armee und der Flucht von Präsident Ghani als Ansprechpartner und Machthaber. Sie erkennen sie aber nicht als legitime Regierung an.
Tatsächlich gab es in der Geschichte der Vereinten Nationen bereits Fälle, bei denen UN-Vertreter nicht mit den herrschenden Machthabern ihres Landes verbunden waren. So kontrollierten die Taliban Kabul bereits seit Mitte der 1990er Jahre bis 2001 – bei den UN wurde Afghanistan währenddessen aber weiter vom Botschafter der Vorgängerregierung vertreten, weil die Staatengemeinde die Taliban nicht anerkannte und dies bis heute nicht getan hat.
Die Außenminister der G20 beraten am Mittwoch am Rande der UN-Generaldebatte in einer Videokonferenz über Afghanistan. Es soll vor allem darum gehen, wie man künftig mit den Taliban umgeht. In der G20 sind die größten Wirtschaftsmächte der Welt vereint. Zu der Gruppe gehören auch China und Russland, die ihre Botschaften in Kabul nach der Machtübernahme der Taliban nicht geschlossen haben.