Aktuell verzeichnet die Bauchemie dramatische Preiserhöhungen bei vielen Rohstoffen, die für die Herstellung von bauchemischen Produkten notwendig sind. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits bleiben viele Produkte in Asien, wo der Bau-Boom nach dem Corona-Schock eingesetzt hat.
Andererseits kommt es aufgrund von „Höherer Gewalt“ zu einer massiven Verknappung von Rohstoffen in ganz Europa. Sogenannte Epoxidharz-Produkte, aber auch andere Kunstharze sind davon betroffen. Mittlerweile sind nur noch Grundmengen von weniger als 30 Prozent des üblichen Volumens in Europa verfügbar. Teilweise kommt es bereits zu Totalausfällen in der Rohstoffverfügbarkeit und damit zu drastisch verlängerten Lieferzeiten oder gar Stornierungen.
Österreichische Baustoffhändler verzweifeln
Fass ohne Boden hat zwei heiße Schreiben bekommen, die die dramatische Situation belegen. Um die Unternehmen nicht einer weiteren Gefahr auszusetzen, behält sich die Redaktion vor, die Namen der Firmen anonym zu belassen.
Aus einem internen Antwortschreiben des Rohstoffanbieters an seinen Kunden heißt es: „Leider stellt auch uns die derzeit unerwartet starke Nachfrage nach unseren Produkten sowie die außergewöhnlich schlechte Versorgungslage der chemischen Industrie mit den nötigen Rohstoffen, nach wie vor, vor sehr große Herausforderungen. […] Neben der weltweiten massiven Preissteigerungen der Rohware von bis zu +40% seit Ende Q3/2020 sowie deren massiv reduzierter Verfügbarkeit, hat dies zwangsläufig einen sehr negativen Einfluss auf unsere Planung und Fertigungstermine.“
Ein weiterer Anbieter der chemischen Industrie gegenüber seinem Kunden: „Aufgrund der bekannten angespannten Situation am Markt, durch sprunghafte Preisanstiege und extrem knappe Rohstoffressourcen verursacht, ist es zu einem erhöhten Bestelleingang gekommen. […] Wir können aktuell im […] Bereich bis auf weiteres ab sofort keine Bestellungen mehr annehmen und für die Monate ab Juli weder eine Liefer- noch Preiszusage abgeben.“
Politische Reaktionen
FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz gegenüber FoB: „Unser Land wird von Sebastian Kurz immer tiefer in die Krise manövriert. Die Baustelle Bundesregierung ist wortwörtlich ein Fass ohne Boden. Geld und Entschädigungen erfolgen nach dem Gießkannenprinzip, ohne auf die Bedürfnisse der einzelnen Branchen einzugehen. Die künstliche Verknappung an Rohstoffen und die enorme Preissteigerung ruinieren österreichische Baufirmen. Aber auch die Auftraggeber haben mit terminlichen und finanziellen Turbulenzen zu kämpfen. Die kommende Pleitewelle geht auf das Konto von Kanzler Sebastian Kurz und seiner Truppe.“ Schnedlitz fordert sofort praxisnahe Konzepte, um der Preissteigerung entgegenzuwirken.
In eine ähnliche Kerbe schlägt der stellvertretende NEOS-Parteiobmann und Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn: „Grundsätzlich liegen zwei wichtige Gründe vor: der Fachkräfte und der globale Rohstoffmangel. Alle Länder versuchen nun einen Boom herbeizuführen.“
Auf die Frage, nach der aktuellen Lage in Österreich erörtert der pinke Nationalrat Schellhorn: „Die Aufstockung der Investitionsprämie auf fünf Milliarden hat eine Sogwirkung erzielt. Ich selbst habe bei einem aktuellen Bauprojekt eine Preissteigerung bei Holz um zehn Prozent erlebt. Und der Partner aus dem Holzhandwerk hat mir quasi lächelnd zu verstehen gegeben: ‚Deine Investitionsprämie gehört mir‘.“
Hintergrundinformationen: Volle Auftragsbücher, kaum Rohstoffe
Die Coronakrise konnte der Bauwirtschaft bisher nichts anhaben, die Auftragslage der Branche ist gut. Sorge bereitet allerdings der Einkauf, denn die Versorgung mit Rohstoffen ist teilweise unterbrochen oder sie sind nur sehr teuer zu bekommen.
Ein Bauunternehmer aus dem Salzkammergut, der ebenfalls anonym bleiben möchte, hat sich der Redaktion anvertraut. Auch er, wie Sepp Schellhorn, spricht die Situation bezüglich Rohstoffs Holz an: „Die Lage ist katastrophal. Holz ist Mangelware. Mittlerweile müssen wir Holz aus Slowenien zukaufen, da in Österreich kein Holz vorhanden ist. Wir müssen Rohstoffe in Europa zusammenkaufen und das ist mit einem irrsinnigen Zeitaufwand verbunden. In Österreich sind die Baustoffe mittlerweile massiv überteuert oder gar nicht erhältlich6gt.“
Auf die Frage, warum die Baustoffe mittlerweile so teuer sind, äußert sich der Bauunternehmer: „Die Kurzarbeit. Viele heimische Betriebe produzieren nur noch minimale Mengen. Unser Partnerbetrieb, ein Malerunternehmen, darf nur noch eine Palette Dispersionsfarbe kaufen. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen die Farbe hamstern. Ich weiß selbst nicht, ob wir in zwei Wochen ausreichend Baustoffe haben werden. Das hat es noch nie gegeben.“