Hat Kanzler Merz abgeschrieben? Der schwerwiegende Verdacht steht im Raum. Das vollständige Gutachten liegt der FoB-Redaktion vor und wurde uns freundlicherweise von Privatdozent Dr. Mag. Stefan Weber zur Verfügung gestellt. Das Gutachten wirft ein trübes Licht auf Friedrich Merz (CDU).

Aktueller Anlass: Ein Plagiatsgutachten vom 2. Juni 2025 dokumentiert 25 wörtliche Textübernahmen in Merz’ Buch „Mut zur Zukunft“ (Goldmann, 2002).
- Die Plagiatsverdachte betreffen Inhalte von mindestens acht Autoren.
- Das Buch enthält kein Quellenverzeichnis.
Hintergrund: Merz ist amtierender deutscher Bundeskanzler. Sein Buch erschien 2002 im Goldmann Verlag. Zentrale Passagen sind nahezu identisch mit Artikeln, Reden und wissenschaftlichen Werken Dritter.
Wer sagt was: Der Salzburger Plagiatsexperte Weber veröffentlichte die Analyse ehrenamtlich. „Es finden sich zum Teil schwerwiegende Verstöße gegen das Zitiergebot“, ist dem Gutachten zu entnehmen.
Wie beurteilt wurde: Die Analyse basiert auf manueller Prüfung, ergänzt durch Turnitin-Software und Archivquellen. Die Fundstellen wurden durch Textabgleich mit Originalquellen belegt. Die Übergänge im Buch deuten oft auf bewusste Aneignung fremder Gedanken.
Im Detail:
- Merz übernimmt Passagen aus einer Rede von Edmund Stoiber zum Thema Europas globale Verantwortung.
- Eine Formulierung über den Schiefen Turm von Pisa entspricht fast wortgleich einer Passage von Silvio Fagiolo.
- Aussagen zur PISA-Studie und Bildungsungleichheit wurden nahezu identisch von einem ZEIT-Artikel übernommen.
- Weder Fußnoten noch ein Literaturverzeichnis erscheinen im Buch.
- Kirchhof und Stoiber werden zwar erwähnt, jedoch nicht im Zusammenhang mit den konkreten Übernahmen.
Drei konkrete Beispiele:
Friedrich Merz, „Mut zur Zukunft“, Juli 2002, S. 172 f. | Martin Spiewak, „Die Schule brännt! (sic)“ am 6. Dezember 2001 in der „Zeit“, S. 1 |
Und nirgendwo sind die Unterschiede zwischen guten und schlechten Schülern so groß wie bei uns. (…) Die gute Nachricht der PISA-Studie ist: Schulen können besser werden. Andere Länder haben es bewiesen. | Nirgendwo sind die Unterschiede zwischen guten und schlechten Schülern so groß wie hierzulande. (…) Schulen können besser werden. Andere Länder haben es bewiesen. Das ist die gute Nachricht von Pisa. |
Friedrich Merz, „Mut zur Zukunft“, Juli 2002, S. 175 | Silvio Fagiolo † am 21. Februar 2002 in der „Zeit“, S. 55 |
In der italienischen Stadt Pisa hat man immer wieder vor dem Einsturz des Schiefen Turms gewarnt. Gerade deshalb hat man sich intensiv um seine Erhaltung gekümmert. | Vor dem Einsturz des Turmes wurde immer wieder gewarnt. Auch deshalb hat man sich so intensiv um seine Erhaltung gekümmert. |
Friedrich Merz, „Mut zur Zukunft“, Juli 2002, S. 231 | Edmund Stoiber, Rede „Eckpunkte der europäischen Zukunftsdebatte“, Humboldt-Universität zu Berlin, 8. November 2001 |
Eine der Konsequenzen des 11. September ist: Europa muss mehr Verantwortung für Frieden, Freiheit, Recht und Gerechtigkeit in der Welt übernehmen – politisch und militärisch. Nicht als Konkurrent der Vereinigten Staaten, sondern als deren Partner. | Eine der Konsequenzen des 11. September ist: Europa muss mehr Verantwortung für Frieden, Freiheit, Recht und Gerechtigkeit in der Welt übernehmen – in erster Linie politisch, notfalls auch militärisch. Nicht als Konkurrent der Vereinigten Staaten, sondern als deren Partner. |
Konfrontation: Sowohl die CDU-Kommunikationsabteilung als auch das Bundespresseamt wurden mit einem Fragenkatalog konfrontiert. Die Pressestellen haben auf die FoB-Anfrage nicht reagiert.
Ergänzungen: Ein ergänzender Blogbeitrag von Weber beleuchtet ein ungewöhnliches Phänomen: Die Bücher des CDU-Bundeskanzlers Friedrich Merz wurden von anderen als Vorlage für Plagiate genutzt.
Warum das wichtig ist: Der deutsche Kanzler fordert in seinen Reden Disziplin, Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft.
Quellen
Plagiatsgutachten Stefan Weber (02.06.2025)
Mehr dazu →
berlinerzeitung.de →
plagiatsgutachten.com →