Der Jahresbericht 2023 der Parlamentarischen Bundesheerkommission (PBHK) zeigt eine deutliche Zunahme an Beschwerden, die vor allem auf unzureichende Rahmenbedingungen im Dienstbetrieb zurückzuführen sind. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Beschwerdeverfahren von 182 auf 278, wobei die Mehrheit von Grundwehrdienern eingebracht wurde.
Personalmangel und Kritik an Besoldungsreform
Eine der zentralen Herausforderungen ist der anhaltende Personalmangel. Das Verteidigungsministerium (BMLV) weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass das Gewinnen und Halten von Personal immer schwieriger wird. Besonders besorgt zeigt sich das BMLV über die geplante Besoldungsreform unter Federführung des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS). Die bisher vorliegenden Reformvorschläge bieten laut BMLV „wenig Grund für eine positive Beurteilung“. Insbesondere wird kritisiert, dass der Bachelor-Abschluss von Offizieren weiterhin keine besoldungsrechtliche Abgeltung erfährt und militärische Dienstzeiten nicht durchgängig berücksichtigt werden.
Einschränkungen bei der Ausbildung
Ein weiteres Problem, das der Bericht aufgreift, ist die unzureichende Ausbildung der Grundwehrdiener. Viele von ihnen werden für sicherheitspolizeiliche Einsätze, wie etwa die Bewachung kritischer Infrastruktur, herangezogen, was ihre Ausbildung in militärischen Kernaufgaben behindert. Diese Praxis erschwert es laut PBHK, Grundwehrdiener für eine Berufs- oder Milizlaufbahn zu gewinnen.
Auslandseinsätze nicht attraktiv
Auch bei den Auslandseinsätzen wird ein deutlicher Mangel an Personal festgestellt. Um diesen Einsatz attraktiver zu gestalten, plant das BMLV die Erhöhung der Auslandszulage. Ein entsprechender Entschließungsantrag zur Novellierung des Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetzes (AZHG) liegt bereits im Parlament.
Kritische Zustände in Stellungsstraße St. Pölten
Besonders alarmierend sind die Zustände in der Stellungsstraße des Militärkommandos Niederösterreich in St. Pölten. Hier fehlen Sanitäranlagen für Frauen, was bei der Stellung von Frauen zu improvisierten Lösungen führt. Zudem droht durch Pensionierungen ein Personalmangel bei den Untersuchungsärzten, was den Stellungsbetrieb erheblich beeinträchtigen könnte. Das BMLV versucht durch verstärkte Personalwerbung gegenzusteuern, weist jedoch darauf hin, dass es derzeit kaum Möglichkeiten gibt, das ärztliche Beratungsgespräch auf die empfohlenen 30 Minuten auszudehnen.
Tödlicher Schussvorfall
Ein tragischer Vorfall, der im Bericht behandelt wird, ist die tödliche Schussabgabe in der Flugfeld-Kaserne in Wiener Neustadt (FoB berichtete). Die Ermittlungen bestätigten, dass es sich um gerechtfertigte Notwehr handelte, und das Verfahren wurde eingestellt.
Kritik an Umgang mit Beschwerden
Der Bericht thematisiert auch wiederholte Beschwerden über unangemessene Ausdrucksweisen und diskriminierendes Verhalten. So wurde ein Zugskommandant für seine beleidigenden Äußerungen disziplinarisch bestraft. Ein weiterer Fall betrifft eine schwangere Militärärztin, die trotz ihrer Schwangerschaft zu einem belastenden Einsatz abgestellt wurde. Die Vorgesetzte wurde zwar ermahnt, das Beschwerdeverfahren jedoch eingestellt.
Miliz: Forderung nach Übungspflicht
Die PBHK weist auf das Problem hin, dass der Bedarf an Milizoffizieren und -unteroffizieren nicht gedeckt werden kann. Auch die Teilnahme an Übungen ist nicht ausreichend, da viele Milizsoldaten nicht übungspflichtig sind. Das BMLV stimmt dem zu und betont die Notwendigkeit einer verpflichtenden Übungstätigkeit, weist aber auf den fehlenden politischen Konsens für eine solche Maßnahme hin.
Fazit und Ausblick
Insgesamt zeigt der Bericht, dass das österreichische Bundesheer vor erheblichen Herausforderungen steht. Die Kritik an der Besoldungsreform, der Personalmangel und die Probleme in der Ausbildung erfordern dringend Maßnahmen, um die Einsatzfähigkeit und Attraktivität des Dienstes langfristig zu sichern.