Vor vielen Jahren hatte ich mit einem Vorgänger des jetzigen KAV-Generaldirektors Udo Janßen ein interessantes Gespräch. Der Mann verglich damals den KAV allen Ernstes mit Microsoft: Der KAV sei ein Riesenunternehmen mit 30.000 Mitarbeitern und besäße sehr viel Know-how. Und er müsse nach ähnlichen Kriterien geführt werden wie Microsoft. Nämlich nach marktwirtschaftlichen. (Ob der damalige Direktor auch schon so viel verdiente wie der jetzige, weiß ich nicht). Der Vergleich machte mich jedoch in vielerlei Hinsicht stutzig.
Kann man im öffentlichen Bereich die Marktwirtschaft und ihre Messdaten als Parameter einführen?
Kann ein öffentlicher Dienstleister in Konzerngröße, der definitionsgemäß keine Gewinne machen darf und für die bekanntermaßen immer teure Gesundheitsversorgung der gesamten Bevölkerung zuständig ist, mit einem Wirtschafts-Konzern in der Computerbranche verglichen werden? Kann man im öffentlichen Bereich die Marktwirtschaft und ihre Messdaten als Parameter einführen? Nach welchen Mustern könnte denn das funktionieren, wenn der Endzweck, nämlich der Profit, ja wegfällt? Wie wollen Sozialisten (und die regieren im KAV) das mit ihrer Weltanschauung vereinbaren? Oder diente der damalige Vergleich schon dazu, die Managergehälter in der Chef-Etage zu rechtfertigen?
Um nicht falsch verstanden zu werden: ich bin Verfechter der Marktwirtschaft und es gibt Möglichkeiten, im öffentlichen Gesundheitswesen deren Parameter zu verwenden, ohne dass es absurd wird. Und Chefs mit Verantwortung sollen gut bezahlt werden, aber sie sollen sich dann auch klaren Leistungskriterien stellen und sie sollen zeigen, wo der von ihnen geführte Betrieb durch ihr Wirken profitiert. In der Wirtschaft ist das Kriterium eindeutig: es ist der Profit. Aber welches ist das Kriterium beim KAV? Was ist für den Betrieb der messbare Nutzen von finanziell gut gepolsterten Direktoren?
Bei einem öffentlichen Krankenhausträger kann doch die Bewertung der Chef-Leistung nur durch die Zufriedenheit und Versorgungsgüte der Patienten, durch eine sinnvolle Kosten-Nutzen-Relation und nicht zuletzt durch die Zufriedenheit der Mitarbeiter bewertet werden. Das erste und das dritte Kriterium sind derzeit aber nachweislich katastrophal: die Patienten sind in großem Maße mit der Performance der städtischen Spitäler unzufrieden und die Ärzte sind zu über 90% nicht nur angefressen, sondern sogar nachweislich streikbereit. Überdies sind sie in einem noch nie dagewesenen Ausmaß von ihren Arbeitsbedingungen enttäuscht und belastet. Bei den anderen Berufen ist es recht ähnlich. Trotzdem cashen der Generaldirektor und die gesamte Führungsetage überdurchschnittlich viel ab. Das sagt zumindest der aktuelle Rohbericht des Rechnungshofes.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Führung deutlich mehr verdient als es branchenüblich ist.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Führung deutlich mehr verdient als es branchenüblich ist. Der Generaldirektor hat ein aus öffentlichen Geldern stammendes Monats-Salär von über 24.000 Euro. Der Mann hat aber seine Verantwortlichkeiten fast alle wegdelegiert, das passt also nicht zusammen. Cashen und bei öffentlichen Auftritten die Probleme schönreden, das würde ein PR-Profi auch schaffen. Aber zu wesentlich günstigeren Summen als sie der Generaldirektor einstreift.
Von solchen Gehältern bei relativ geringer Verantwortlichkeit können seine ihm unterstellten Ärztlichen Direktoren, Primarärzte und Fachärzte nicht einmal träumen. Diese sind zwar den Patienten direkt verantwortlich und – ganz ohne Pathos – für Leben und Überleben zuständig, aber im Gehaltsschema um mehrere Dimensionen schlechter gestellt als ihr seit seinem Antritt unter teils massivem Beschuss befindliche Chef. (Es gibt deswegen schon seit damals valide Vermutungen, dass Udo Janßen nur geholt wurde, um für die Politik die schmutzige Arbeit zu erledigen und den Prellbock zu spielen – das würde die Höhe seines monatlichen “Schmerzengeldes” erklären)
Das beste daran ist: wenn der Generaldirektor nicht mehr mag oder die über ihm thronende Stadtpolitik in der Person von Stadtrat Wehsely und BM Häupl seiner überdrüssig werden, dann nimmt er einen Golden Handshake und geht seiner Wege. Der Mann ist fein raus, er muss halt nur ein bisserl leiden. Aber wer fragt schon später in Deutschland (wo er herkommt und wieder hingehen wird) danach?
Der Rechnungshof kritisiert im weiteren auch ausführlich die fehlenden Zielvorgaben, die mangelnde Strategie im Personalwesen und vor allem die katastrophalen Zustände rund um den Bau des Krankenhauses Nord. (Dort dürften sich üble Dinge anbahnen – der erfahrene Wiener fühlt sich unweigerlich an die Mega-Skandale rund um das Neue AKH erinnert…)
Die massive Kritik des Rechnungshofs ist geeignet, personelle Konsequenzen im Bereich der Führungsebene des KAV zu bewirken und er ist prädestiniert, endlich die weitreichenden Verfehlungen aufzuzeigen, die in der Wiener Gesundheitspolitik seit Jahren herrschen und die den Leidtragenden im System schon bis zur Oberkante des Unterkiefers stehen.
Der Sumpf, in dem sich das öffentliche Wiener Gesundheitswesen befindet, könnte nach diesem Rechnungshofbericht mit Hilfe der Rathaus-Opposition und mit der Mitwirkung kritischer Geister trockengelegt werden. Wir dürfen gespannt sein.
Über Marcus Franz
Polit-Diagnostiker mit Therapiekonzept.
Arzt, Nationalratsabgeordneter, Blogger, fraktionslos und frei.