Bundeskanzler Karl Nehammer stellt sich trotz der Vorwürfe hinter Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).
Sobotka unter Druck
ÖVP-Chef Karl Nehammer zeigt sich von den veröffentlichten Tonbändern des verstorbenen Justizsektionschefs Christian Pilnacek enttäuscht. „Ich muss ganz offen sagen, dass ich es persönlich mehr als pietätlos finde, was hier gerade passiert“, sagte der ÖVP-Chef im Pressefoyer nach dem Ministerrat. „Um Politik zu machen, wird die Totenruhe gestört.“ Kanzler Nehammer werde sich nicht an der Diskussion beteiligen. Politikinsider hingegen vermuten andere Motive für die fehlenden Worte des Kanzlers.
Sobotka soll zurücktreten
Die geleakten Tonbandaufnahmen erheben schwere Vorwürfe gegen die ÖVP und insbesondere gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Die Aufnahme zeigt Pilnacek, der behauptet, die ÖVP habe versucht, in Ermittlungen zu intervenieren. Nehammer kritisiert die Veröffentlichung der Aufnahme als pietätlos und betont, dass Pilnacek zuvor in Untersuchungsausschüssen keine Interventionen bestätigt hatte.
Opposition geschlossen gegen Sobotka
Die Opposition fordert indessen Sobotkas Rücktritt. SPÖ, FPÖ und NEOS sehen in Sobotkas Verhalten eine Gefahr für die Integrität des Amtes und der Republik.
„Der Wasserschaden in der Republik, den der Bundespräsident festgestellt hat, ist heute um einen Rohrbruch schlimmer geworden“, sagt NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos.
Die Grünen äußern sich zurückhaltender, betonen aber die Notwendigkeit, den Einfluss auf die Justiz aufzuklären. Nationalratspräsident Sobotka verspricht, alle Fragen in einer Sonderpräsidiale zu klären.
ÖVP dementiert und zementiert
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker wertet die Vorwürfe als aufgewärmt und unangemessen, da Pilnacek sich nicht mehr verteidigen kann. Stocker: „Ich werde das nicht hinnehmen. Die Hintergründe zu diesem Tonband und den Methoden, die an den russischen Geheimdienst erinnern, müssen aufgeklärt werden: Wer es aufgezeichnet hat, was das Motiv ist, wer hinter diesen KGB-Methoden steckt.“
Stefan Petzner im Visier der ÖVP
Die ÖVP bringt zusätzlich den früheren BZÖ-Politiker Stefan Petzner ins Spiel, der bereits im Vorfeld Andeutungen über Sobotka gemacht hatte, und stellt Fragen zu seiner Rolle in der Veröffentlichung der Aufnahme.
Quellen
orf.at: Nehammer steht zu Sobotka
ots.at Stocker: „Niedergang der politischen Kultur schreitet voran“